Zürich

Als schon seit mehr als zehn Jahre in Deutschland lebende Schweizerin spreche ich deutsch mit einem dezenten schweizerischen Akzent.

Hochdeutsch vs. Schweizerdeutsch

Deshalb kann ich mit jemandem über den Gebrauch von Schweizerdeutsch und Hochdeutsch ins Gespräch. Dabei kristallisierte sich heraus, dass mein Gegenüber ganz selbstverständlich davon ausging, dass ich als (Deutsch-) Schweizerin zwar Schweizerdeutsch sprechen könne, ich doch zu Hause ganz bestimmt gepflegtes Hochdeutsch mit meiner Familie spräche, da sich das ja so gehöre.

Dies mag in Deutschland vielleicht der Fall sein, da soll es – habe ich mir sagen lassen – in gewissen Schichten geradezu verpönt sein, Dialekt zu sprechen.

In der Schweiz aber trifft dies sicherlich nicht zu. Schweizerdeutsch wird von Schweizern als eigenständige Sprache wahrgenommen (und nicht als alemannischer Dialekt) und ist als solche Teil der schweizerischen Identität. Von daher würde es keinem nur im Traum einfallen, zuhause hochdeutsch zu sprechen. Ist Schweizerdeutsch doch auch ein äusseres Zeichen der Abgrenzung zu Deutschland, dem „großen Kanton.“

Hochdeutsch ist die „Schriftsprache“

Hochdeutsch wird in der Schweiz als „Schriftsprache“ bezeichnet.  Dies macht klar, was es ist: die Sprache, die geschrieben, jedoch nicht gesprochen wird. In der Schule sind die Lehrer zwar verpflichtet, Hochdeutsch zu sprechen, halten sich aber meistens nicht daran.  Das ist der einzige Ort, wo Hochdeutsch theoretisch Pflicht ist. Auf Ämtern und anderen offiziellen Stellen wird Schweizerdeutsch gesprochen, ganz ohne Frage.

Hochdeutsch zur Vereinfachung der Verständigung zwischen den verschiedenen Landesteilen

In TV und Radio allerdings sind die Sender angehalten, auf Hochdeutsch zu senden. Dadurch verstehen auch die Schweizer, die französisch, italienisch oder rätoromanisch als Muttersprache haben, die deutsch-schweizerischen Berichte. Und dies ist für den eidgenössischen Konsens und das Miteinander der Landesteile sehr wichtig.

Tendenz zu mehr Schweizerdeutsch

In den letzten Jahren beobachte ich zunehmend die Tendenz, vor allem in der privaten Kommunikation per E-Mail o.Ä., immer mehr Texte auf schweizerdeutsch zu verfassen. Auch die Nachrichten zumindest in kleineren Radiosendern werden vermehrt auf Schweizerdeutsch abgehalten.

Ein Schweizerdeutsch-Sprachkurs?

Ist es jetzt also als Deutscher, der sich längerfristig in der Schweiz niederlassen möchte, ratsam, einen Sprachkurs in Schweizerdeutsch zu belegen?

Tatsächlich gibt es immer mehr solcher Angebote in der Schweiz und sie erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Gerade nicht deutsch-sprachige Ausländer nehmen das Angebot wahr, Deutsche eher nicht. Diese denken sich wahrscheinlich, dass sie die Sprache sowieso verstehen und dies nicht notwendig ist.  Um in der Schweiz wirklich Fuß zu fassen, könnte man darüber nachdenken, einen Kurs in Schweizerdeutsch zu belegen. Zeigt man dadurch nicht Interesse an einem wirklichen Zusammenleben?